Meine Anreise zur „Ironman European Championship Frankfurt“ war zum Glück etwas kürzer als nach Taiwan, und das genoß ich richtig. Die Temperaturen allerdings waren genauso. Ihr habt es sicher mitbekommen: Schon im Vorfeld wurde viel über das Thema Hitze, Elektrolytverlust im Rennen und Schwimmen ohne Neo diskutiert. Ich fühlte mich jedoch bestens vorbereitet ging ganz entspannt ins Rennen.
Im Vorfeld gab es jedoch bei der Ankunft im Hotel noch eine böse Überraschung: Die Außentemperatur am Samstag betrug in Frankfurt zwar nur 30 Grad, mein Hotelzimmer hatte aber gemessen 39,5 Grad. Wahrscheinlich dachte die nette Dame vom Hotel, dass ich mich schon mal auf den Sonntag einstimmen möchte und gab mir ein Zimmer direkt unter dem Dach Es war kaum auszuhalten. Nach langen Diskussionen durfte ich schließlich in die erste Etage umziehen – ein Zimmer mit „nur“ 36 Grad. Das Hotel verfügte zudem über keine Klimaanlage, und so blieb mir nichts anderes übrig, als mich mit nassen Handtüchern hinunterzukühlen. Am Rennmorgen war ich dann nach sechs Stunden Schlaf recht fit und bereit für den heißen Tag!
Nachdem ich mein Rad in der Wechselzone gecheckt hatte und meine Verpflegung in den Beuteln verstaute, lief ich mit einem breiten Grinsen Richtung Start und schaute in die angstvollen Gesicherter einiger Athleten. Ich fürchtete in diesen Minuten weder das Schwimmen ohne Neo noch die Hitze, die uns alle erwartete, und war zufrieden und im Reinen mit mir.
Dann der Startschuss. Alles fühlte sich gut an – noch, denn nach dem ersten Landgang bemerkte ich meinen instabilen Rumpf. Die letzten zwei Kilometer waren dann etwas Quälerei, aber ich wusste, dass es gleich auf meinen „Porsche“ geht – und dann beginnt das Rennen erst richtig! In der Wechselzone lief alles perfekt, und so konnte ich mich nach dem Abklatschen meiner Familie auf die bevorstehenden fünfeinhalb Stunden konzentrieren.
Ich fuhr absolut kontrolliert nach Watt. Klar hätte ich in den ersten Runden schneller sein können, aber ich vertraute meiner Berechnung – und das war eine weise Entscheidung, denn die ersten 90 Kilometer waren noch recht schattig, aber dann kam Wind auf und die Sonne brannte erbarmungslos auf die Athleten hinunter. Ich kühlte mich an jeder Verpflegungsstelle und trank brav meine berechnete Menge an Kohlenhydraten und Wasser. Im Rennen selbst führte ich keine zusätzlichen Elektrolyte zu, denn ich hatte mich in der Woche vor dem Rennen schon gut damit gesättigt. Leider gab es hier auch wieder Athleten, die nicht genau wissen, wie viel fünf oder zehn Meter sind. Mit weniger als 30 Zentimetern Abstand lutschten sie am Hinterrad des Vordermannes. Schämt euch!
Die letzten 40 Kilometer wurden dann allerdings eine ganz schöne Qual für mich. Mein Rücken bereitete mir Schmerzen, aber ich wusste, dass gleich gelaufen und alles gut wird. Viel mehr Sorge machte mir meine Lunge: Bei jedem Atemzug brannte sie, und ich bekam immer schlechter Luft.
Der Wechsel vom Rad zum Laufen war unproblematisch, aber die Lunge brannte nach wie vor. Ich fühlte mich schlecht, bekam schlecht Luft – und dann waren sie da, die Abbruchgedanken! Furchtbar! Ich fluchte innerlich: „Haut ab, geht weg!“
»Ich bin auch mit dem Vizetitel zufrieden! Zum dritten Mal Podium, dazu die Hawaii-Quali in diesem Jahr – was will ich mehr?«
Beim ersten Kilometer war ich nur damit beschäftigt, meine Lungen mit Luft zu füllen. Aber dann war plötzlich alles gut, ich konnte frei atmen, und meine Beine gehorchten mir. Nach zwei Kilometern kam dann der „Steinberg-Hotspot“, und da standen zehn Athleten, die sich für mich die Seele aus dem Leib schrien. Was für ein Gefühl! Ich war überwältigt und dachte: „Jetzt erst recht!“ Ankommen war das Ziel! Da ich als Siebente vom Rad kam, waren die Chancen auf einen Podiumsplatz zu diesem Moment jedoch sehr gering.
Die Sonne machte allen Athleten mächtig zu schaffen. Es waren bereits mehr als 39 Grad auf der Laufstrecke, und jeder Athlet versuchte, eine Dusche auf der Strecke zu ergattern, um sich für ein paar Sekunden abzukühlen. Ich selbst schüttete mir mehr Wasser über den Kopf als ich trank. Dennoch, nach 21 Kilometern wurde auch ich langsamer. Ich bekam nun die Info, dass ich auf Platz eins vorgelaufen bin – ich konnte es nicht fassen! Von außen wurde ich von mehreren unabhängigen Leuten instruiert, jetzt nur noch zu verwalten. Nach 32 Kilometern hatte ich bereits acht Minuten Vorsprung – also nur noch irgendwie ins Ziel kommen! Meine Pace reduzierte ich deshalb um einige Sekunden pro Kilometer, ging kurz aufs WC und hielt an den Verpflegungsstellen an, um mich besser herunterzukühlen. Hey, schließlich lag ich bei Kilometer 40 mit acht Minuten in Führung!
Mit dem sicher geglaubten AK-Europameistertitel lief ich mit einem Jubelschrei ins Ziel. Nach einer Stunde Dopingkontrolle und immer noch mit dem breitesten Grinsen im Gesicht lief ich Richtung Ausgang, um Gerry zu empfangen. Doch der schaute mich sehr traurig an. Das konnte ich gar nicht verstehen – schließlich wähnte ich mich als Europameisterin! Seine ersten Worte waren: „Es tut mit unendlich leid, ich nehme diese Schuld auf mich!“ Was war passiert? „Du bist Vizeeuropameisterin, also Zweite! Denn gerade eben ist eine weitere Athletin aus der zweiten Startwelle ins Ziel gekommen und hat dir eine Minute auf die Gesamtzeit gegeben.“
WTF (denkt man sich jetzt)!
Nein, ich bin auch mit dem Vizetitel zufrieden! Zum dritten Mal Podium, dazu die Hawaii-Quali in diesem Jahr – was will ich mehr? Nach dem Radfahren war das Podium für mich mehr als weit weg, und jetzt bin ich Zweite geworden. Damit kann ich leben!
Die Siegerehrung am nächsten Tag war grandios, und ich möchte mich bei all meinen Partnern, Freunden und besonders bei Gerry und meiner Familie für die Unterstützung bedanken. Es war ein tolles Wochenende!
Eines ist mir aber noch im Gedächtnis geblieben, was mir eine Athletin vorher gesagt hat: „Wenn es uns auf der Strecke schlecht geht, lohnt es sich zu kämpfen – vor allem für die Menschen, die es uns nicht gönnen!“ 😉
In diesem Sinne,
Steffi